Somatic Experiencing ist eine körperorientierte Therapieform, die darauf abzielt, die im Nervensystem gespeicherte traumatische Energie zu lösen. Dr. Peter Levine entwickelte diese Methode basierend auf seinen Beobachtungen, dass Tiere in der Wildnis, obwohl sie oft lebensbedrohlichen Situationen ausgesetzt sind, selten traumatisiert werden. Er stellte fest, dass Tiere instinktive Mechanismen haben, um Stress und Traumata zu verarbeiten und zu lösen. SE basiert auf der Annahme, dass Menschen ähnliche Fähigkeiten haben, die jedoch durch kulturelle und gesellschaftliche Faktoren oft unterdrückt werden.
Grundlagen der Methode
SE konzentriert sich auf die physiologischen Prozesse im Körper, die während eines traumatischen Ereignisses aktiviert werden. Wenn eine Person traumatisiert wird, wird ihr autonomes Nervensystem aktiviert, was zu einer „Kampf-oder-Flucht“-Reaktion führt. Wenn diese Reaktion nicht vollständig durchlaufen wird, bleibt die Energie im Körper eingeschlossen und kann zu verschiedenen psychischen und physischen Symptomen führen.
Die Therapie zielt darauf ab, diese eingeschlossene Energie schrittweise freizusetzen und das Nervensystem zu regulieren. Dies geschieht durch achtsame Körperwahrnehmung und langsame, kontrollierte Bewegungen, die dem Klienten helfen, die Körperempfindungen zu spüren und zu verarbeiten, die mit dem Trauma verbunden sind.
Wissenschaftliche Grundlagen und Wirksamkeit
SE basiert auf der Polyvagal-Theorie von Dr. Stephen Porges, die erklärt, wie das autonome Nervensystem auf Bedrohungen reagiert und sich reguliert. Die Theorie besagt, dass das Nervensystem drei Zustände hat: den ventral-vagalen Zustand (soziale Interaktion und Entspannung), den sympathischen Zustand (Kampf oder Flucht) und den dorsal-vagalen Zustand (Erstarren oder Shutdown). SE zielt darauf ab, das Nervensystem zu stabilisieren und den Klienten zu helfen, vom dysregulierten Zustand zurück in einen Zustand der Ruhe und Sicherheit zu finden.
Studien haben gezeigt, dass SE bei der Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS), Angstzuständen, Depressionen und anderen stressbedingten Störungen wirksam ist. Eine Studie aus dem Jahr 2017 fand heraus, dass SE signifikante Verbesserungen bei PTBS-Symptomen bewirkte und die allgemeine Lebensqualität der Teilnehmer verbesserte.
Fallbeispiele und Erfolgsgeschichten
Ein Beispiel für den Erfolg von SE ist die Geschichte von Sarah, einer Frau, die nach einem schweren Autounfall unter PTBS litt. Trotz intensiver Gesprächstherapie und Medikamenten blieben ihre Symptome bestehen. Durch SE konnte sie lernen, die in ihrem Körper gespeicherte traumatische Energie zu identifizieren und freizusetzen. Nach mehreren Monaten der Therapie berichtete sie von signifikanten Verbesserungen in ihrer Lebensqualität und einer Reduktion ihrer PTBS-Symptome.
Ein weiteres Beispiel ist die Arbeit von SE-Praktikern in Krisengebieten wie nach dem Erdbeben in Nepal 2015. Dort halfen sie Überlebenden, die überwältigenden körperlichen Reaktionen auf das Trauma zu regulieren und wieder ein Gefühl der Sicherheit zu finden.
Schlussfolgerung
Somatic Experiencing bietet einen innovativen Ansatz zur Heilung von Traumata, der die natürliche Fähigkeit des Körpers nutzt, sich selbst zu regulieren und zu heilen. Durch die Fokussierung auf körperliche Empfindungen und die schrittweise Freisetzung von traumatischer Energie können Klienten lernen, ihre Erfahrungen zu integrieren und ein Gefühl von Sicherheit und Wohlbefinden wiederzugewinnen.
SE ist nicht einfach nur eine Therapieform; es ist ein Weg, um das Verständnis und die Verbindung zwischen Körper und Geist zu vertiefen und dadurch letztendlich ein erfüllteres und gesünderes Leben zu führen.